Factoring für Steuerberater

Arbeiten ohne Außenstände

Haben Sie Mandanten, die Rechnungen erst nach Wochen überweisen? Oder solche, die vereinbarte Honorare gar nicht erst bezahlen? Die Zukunftsstudie kleine Steuerkanzlei hat es gezeigt: Fast die Hälfte der befragten Steuerberater beklagt in den letzten Jahren eine Verschlechterung der Zahlungsmoral. Besonders häufig trifft dies bei kleineren Kanzleien mit keinen oder wenigen Mitarbeitern zu. Mit dem Factoring, dem Verkauf der Forderungen, können Steuerberater darauf reagieren. Rechtsanwalt Hans-Günther Gilgan erläutert Möglichkeiten und Vorgehensweise.

Kaum ein Steuerberater ist nicht von teilweisen oder totalen Forderungsausfällen betroffen. Schuld daran ist die Zahlungsmoral der Mandanten, zum Teil aber auch der Steuerberater selbst: Rechnungen werden vielfach spät geschrieben oder nicht konsequent durchgesetzt. Das Forderungsmanagement kommt deutlich zu kurz.

Aus der Studie:

Bitte antworten Sie anhand einer 7er-Skala, ob Sie der Aussage „Die Zahlungsmoral der Mandanten hat sich verbessert“ zustimmen oder nicht, wobei 1 „stimme voll und ganz zu“ bedeutet und 7 „stimme überhaupt nicht zu“.

Hoher Aufwand für Forderungsmanagement

Das Forderungsmanagement ist häufig mit einem hohen Zeit- und Personalaufwand verbunden, vor allem dann, wenn die Mandanten der Zahlungsaufforderung nicht fristgerecht nachkommen.

Die Auslagerung des Forderungsmanagements kann mehr Zeit für das Kerngeschäft schaffen und ist effizienter als die Bearbeitung im eigenen Haus. Zeitersparnis und Professionalität sind zwei von vielen gewichtigen Gründen, die dafür sprechen, das Forderungsmanagement auszugliedern und auf externe Dienstleister zu übertragen. Zu den ersten Anbietern für die Steuerbranche zählt die berufsständische Genossenschaft DEGEV eG, die dafür mit der Dte.W. Steuerberatungsgesellschaft mbH (ab 2014: Dte.W. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH) kooperiert. Deren Leistungsspektrum als Verrechnungsstelle für Steuerberater reicht vom reinen Debitorenmanagement bis hin zum Factoring. Das reine Debitorenmanagement umfasst die Begleitung der Zahlungsprozesse mit dem Ziel, Forderungsaußenstände über das vereinbarte Zahlungsziel hinaus zu vermeiden und damit die Liquidität zu verbessern. Beim Factoring dagegen geht es um den Verkauf der Honorarforderungen des Steuerberaters noch vor deren Fälligkeit an ein Kreditinstitut oder ein Factoringunternehmen und damit auch um Finanzierung.

Unterschiedliche Methoden

Factoring lässt sich bei den Angeboten für steuerberatende Berufe wie folgt unterscheiden:

  • Unechtes Factoring: Das Forderungsausfallrisiko bleibt beim Steuerberater. Er haftet für den Rechtsbestand der Forderungen (Veritätsrisiko).
  • Echtes Factoring: Der Factor übernimmt das Ausfallrisiko gekaufter Forderungen.
  • Offenes Factoring: Die Abtretung wird dem Mandanten angezeigt.
  • Stilles Factoring: Die Abtretung wird dem Mandanten nicht angezeigt. Voraussetzung ist aber, dass es sich bei dem Factoringunternehmen um „Personen und Vereinigungen im Sinne des § 3 Nr. 1 bis 3 StBerG“ handelt. Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsgesellschaften steht das Factoringgeschäft uneingeschränkt offen, denn ihnen ist im Gegensatz zu Steuerberatern eine gewerbliche Tätigkeit nicht verboten. Steuerberater beziehungsweise Steuerberatungsgesellschaften benötigen für das Factoring dagegen eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot der gewerblichen Tätigkeit.
  • Full Service: Übernahme von Debitorenbuchhaltung sowie Mahn- und Inkassowesen, auch nicht angekaufter Forderungen, durch den Factor.
  • Inhousefactoring: Dabei verbleiben Debitorenmanagement sowie Mahn- und Inkassowesen komplett in der Steuerkanzlei.

Vorteile von Factoring

Vergleicht man die Finanzierungsform des Factorings mit dem gängigen Kontokorrent, so ergeben sich folgende Vorteile:

  • Sicherheiten sind nicht erforderlich, weder dingliche noch Bürgschaften
  • Finanzierungslinie wächst „automatisch“
  • Forderungsausfallschutz/Delkredereübernahme durch Verrechnungsstelle
  • gilt als Eigenkapital
  • Ratingverbesserung
  • Ersparnis von Kontokorrentzinsen
  • günstiger als Gewährung von Skonto
  • Steuerberater wird unabhängiger von der Hausbank.

Die angekauften Forderungen werden innerhalb eines Tages an den Zedenten, den bisherigen Gläubiger, ausgezahlt. Im Rahmen des echten Factorings braucht der Steuerberater zudem keine Anfechtung durch den Insolvenzverwalter fürchten. Beim Factoring profitiert der Steuerberater zudem von einem positiven Einfluss auf die Zahlungsmoral der Mandanten, denn Einwendungen gegen die Forderung vertreten sie nun nicht mehr gegenüber dem Kanzleileiter. Stattdessen verhandeln sie mit einem Dritten, mit dem sie nicht in der persönlichen und vertraulichen Art und Weise über das Honorar diskutieren können/wollen, wie mit dem Kanzleileiter selbst („Klaus, du weißt doch wie es mir geht. Nächsten Monat zahle ich ganz bestimmt!" usw.). Dem Dritten gegenüber müsste der Mandant sich dann schon in ähnlicher Weise offenbaren, um mit diesen persönlichen/vertraulichen Argumenten Gehör zu finden. Davor scheut er in der Regel zurück. Bei anstehenden Zertifizierungen ist das Honorarmanagement als Managementprozess bereits geregelt. Der Steuerberater wiederum kann die durch das Factoring freiwerdenden Kapazitäten für die Konzentration auf seine Kernaufgaben und die Verringerung des Fristendrucks nutzen. Im Ergebnis ist Raimund Mader, Vizepräsident der Steuerberaterkammer München, einschränkungslos zuzustimmen, wenn er bedauert, dass Steuerberater von der Möglichkeit des echten Factoring nur zögerlich Gebrauch machen (siehe LSWB info 3/2014, S. 25, 28).

Kosten des Factoring

Die Kosten für Factoring werden bestimmt durch:

  • factorablen Brutto-Jahresumsatz
  • Finanzierungslinie (angekaufte Forderungen x Bevorschussungsquote)
  • Anzahl Kunden
  • Anzahl Rechnungen
  • Umfang der übernommenen Dienstleistung (Full-Service-Factoring oder Inhouse-Factoring)
  • Kreditversicherung ja/nein
  • Kosten und Nutzen des Verfahrens

Die monatliche Factoringgebühr bewegt sich zwischen 1 Prozent bis 3,5 Prozent, je nach angedientem Bruttoumsatz.

Keine Bedenken bei den Mandanten

Eine Umfrage unter den Nutzern des stillen Factorings hat ergeben, dass die Mandanten nicht negativ auf das Factoring reagieren. Kündigungen gab es bisher keine und negative Äußerungen jedenfalls insoweit nicht, als es das Instrument „Factoring“ betrifft. Die Sorge, Mandanten könnten auf das Factoring negativ reagieren oder gar das Mandat kündigen, ist also absolut unbegründet. Knapp 50 Prozent der Befragten gaben an, dass sich Ihre Liquidität seit Nutzung des Factorings signifikant verbessert habe, und zwar in einem Bereich zwischen 20 und 80 Prozent. Rund ein Viertel konnte feststellen, dass sich die Zahlungsmoral Ihrer Mandanten seit der Einführung verbessert habe. In gut 75 Prozent der Fälle haben sich die Forderungsausfälle reduziert, in drei Fällen sogar um 75 bis 80 Prozent. Zudem ergab sich eine leichte Zeitersparnis seit Inanspruchnahme des Factorings, wenn auch nicht durchgängig. Ähnliches gilt für die Rückführung der Kreditlinie bei der Hausbank. Dies traf bei rund 25 Prozent der Befragten zu und zwar in einem Bereich zwischen zehn und 50 Prozent.

Hans-Günther Gilgan
Hans-Günther Gilgan

Hans-Günther Gilgan

Ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Dte.W. Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Bad Dürkheim. (www.degev.com)

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