Steuerberater Walter Schupp führt seine Kanzlei im bayerischen Rosenheim. Zusammen mit fünf Mitarbeitern kümmert er sich um rund 240 Mandanten.
Welche Rolle spielt die Persönlichkeit bei der Mitarbeitersuche?
Die Persönlichkeit spielt eine große Rolle. Einerseits ist in kleinen Kanzleien das kollegiale Miteinander besonders wichtig. Andererseits können nur empathische Mitarbeiter einen persönlichen Draht zum Mandanten entwickeln. Was beim Kunden haften bleibt, ist nicht nur das fachliche Niveau, sondern auch das Zwischenmenschliche. Daran wird meine Kanzlei gemessen.
Wie wichtig ist das BWL-Hintergrundwissen?
Betriebswirtschaftliche Kenntnisse haben für unsere Branche natürlich eine große Bedeutung. Als Steuerberater biete ich ja ein Komplettpaket an, welches über die Erstellung von Steuererklärungen hinausgeht.
Mit welchen Herausforderungen sieht sich Ihre Kanzlei konfrontiert, gerade in Bezug auf Personal?
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren klar verschärft – in Ballungsgebieten wie dem Raum München ganz besonders. Hier konkurrieren viele Arbeitgeber um die besten Leute. Die Kleinen haben es dabei besonders schwer. Als kleine Kanzlei will und muss ich genauso breit aufgestellt sein, wie die größeren Anbieter auf dem Markt. Um das gleiche Angebot mit weniger Mitarbeitern abdecken zu können, bin ich sehr stark auf fachliche Allrounder angewiesen.
Können Sie das näher erläutern?
Nehmen wir theoretisch an, ich würde einen Spezialisten nur für Lohn einstellen. Was mache ich, wenn der Lohn-Spezialist ausfällt? Ich muss zwangsweise jemanden mit entsprechenden Kompetenzen haben, der bei Krankheit etc. einspringt. In einer kleinen Kanzlei habe ich dafür gar nicht die finanziellen Kapazitäten. Ähnliches gilt auch für Urlaubsvertretungen. Fachliche Allrounder können sich gegenseitig relativ problemlos vertreten.
Verfolgen Sie eine bestimmte Zukunftsstrategie im Bereich Personalsuche?
In der Grundausrichtung hat sich hier gar nicht so viel verändert. Man muss versuchen, die positiven Aspekte, die man selbst bieten kann, nach außen zu tragen. Im finanziellen Bereich kann ich mit großen Kanzleien nicht konkurrieren. Dafür biete ich flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten. Zuletzt hatte eine Mitarbeiterin diese Chance beispielsweise während der Elternzeit wahrgenommen. Das hat gut funktioniert und ist IT-technisch heutzutage kein Problem mehr.
Ist heute eine gewisse IT-Affinität bei Ihren Mitarbeitern von Nöten?
Das wird zwangsläufig immer wichtiger werden. Die Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten, ist aber kein Selbstläufer. Neue Kanzleiabläufe müssen fachgerecht eingeführt und auf die Bedürfnisse des jeweiligen Mitarbeiters angepasst werden. Doch gerade die jüngeren Steuerfachangestellten sind ja mit den modernen Informationstechnologien groß geworden und bringen das nötige Handwerkszeug bereits mit.
Stichwort "Eigenverantwortliches Arbeiten": Wie unabhängig sind Ihre Mitarbeiter bei der Betreuung von Mandanten?
In meiner Kanzlei betreuen die Mitarbeiter einen Mandanten nicht komplett alleine, da es vom fachlichen Niveau häufig nicht möglich ist. Zu einer vollständigen Betreuung gehört viel dazu. Leute mit den entsprechenden Kompetenzen für eine kleine Kanzlei zu gewinnen, gestaltet sich sehr schwierig. Aber bei der richtigen fachlichen Ausbildung und den passenden Mandanten ist ein umfassender Service durch Mitarbeiter immer machbar.
Bieten Sie Ihren Mitarbeitern Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in Ihrer Kanzlei an?
Als Arbeitgeber bin ich von Fortbildungen überzeugt. Wenn ein Mitarbeiter den Bedarf hat und sich weiterbilden möchte, unterstütze ich diesen Wunsch. Ich würde es sogar gerne häufiger sehen, dass Mitarbeiter auf mich zukommen. Gerade in unserer Branche gehört die dauerhafte Weiterbildung zum Fundament des Berufes. Ich verkaufe mich ja auch durch mein Wissen nach außen.
Werden sich die Anforderungen der Mandanten an die Berater noch verändern?
Jüngere Kollegen werden sich intensiv mit einem Wandel auseinandersetzen müssen. Verschiedene Mandanten- und Dienstleistungsfelder werden durch die fortschreitendende Digitalisierung wegfallen. Da stellt sich natürlich die Frage, welche neuen Marktfelder man dafür erschließen kann. Hier werden in Zukunft beispielsweise die Themenfelder betriebswirtschaftliche Beratung, Altersvorsorge oder die Vermögensübertragung bei Erbfolge eine größere Rolle spielen. Aber auch für meine Generation hat das Thema Relevanz. Gerade wenn man die eigene Kanzlei in einigen Jahren eventuell weitergeben möchte, sollte sie für die digitale Zukunft gerüstet sein.
Darauf aufbauend: Inwieweit beeinflussen diese Veränderungen den Arbeitsalltag der Kanzleiangestellten?
Wie bereits angesprochen wird die Digitalisierung weiter zunehmen. Gerade für jüngere Mitarbeiter ist sie bereits Alltag. Ich sehe allerdings die Gefahr, dass durch die technischen und digitalen Möglichkeiten manche Anwender nicht mehr wissen, was sie tun. Viele Arbeitsschritte laufen heute automatisch über die Software und am Ende steht ein fertiges Produkt. Man braucht aber nach wie vor das Wissen und kann sich nicht blind auf das Programm verlassen. Die Software funktioniert zwar, dennoch kann es immer mal zu Anwenderfehlern kommen. Da braucht es Berufserfahrung und Verantwortungsbewusstsein, um Ergebnisse zu hinterfragen und mögliche Fehler zu erkennen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Walter Schupp
Ist Steuerberater in Rosenheim. Zusammen mit seinen fünf Mitarbeitern bietet er ein umfangreiches Leistungspaket in den Bereichen Steuerberatung, Buchhaltung und Unternehmensberatung an. (www.walter-schupp.de)
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